und doch ist es Leben 

 

wie Watte

wie nasse, vollgesogene, kalte Watte

dieser Nebel

dieser Nebel ums Haus

um Stall und Tiere

um mich, die leise diese Tage wandert

wie nasse, vollgesogene, kalte Watte

ist dieser Nebel

jetzt

jetzt und schon die ganzen langen Wochen vorher

immer nass und kalt

so kalt hängt

und wabert und drängt

und zieht und breitet sich aus

all überall

kein Fleckchen ohne ihn

er füllt Zwischenräume

zwischen Baum und Strauch

wandert über Teich und Bach

fließt, hindert Leben, dehnt sich aus

weit

nichts lässt er verschont

dämpft Amselruf und Eulenschrei

verschluckt Autolärm und Glockenton

auch mein Atem

dieser leise Rhythmus meiner Lungen

ein zarter Hauch sonst  

und nun nicht mehr zu hören

wie abgestorben alles

so müde und so irgendwie wie tot

 

und doch

ich werde still

bleibe stehn und lausche

kaum wahrzunehmen

aber ja, da ist etwas

kaum wahrzunehmen

tief drinnen

tief drinnen in Baum und Strauch

ganz innen drin in Bach und Teich

jede Knospe hat es schon

jede Graswurzel hat es in sich

in jeder Rinde wartet es schon

nur wenig braucht es nur an Licht

nur wenig Sonnenwärme, Sonnenlicht

und schon beginnt es sich zu regen

beginnt zu dehnen sich und die

alten Hüllen abzuwerfen

nichts ist mehr tot jetzt

keine nasse kalte Watte hindert Leben mehr

alles bricht auf, wächst,

treibt Blüten, Blätter

schimmert und funkelt

strahlt und glitzert

der Kreislauf des Lebens beginnt erneut

nichts ist mehr versteckt, gedämpft, erstorben

Leben beginnt von vorn

Leben beginnt zu leben

 

 

Maria Anna Leenen